Wo werden in Deutschland Tierversuche durchgeführt?

Keine Tierversuche für Kosmetika und Waschmittel

In Deutschland werden Tierversuche vor allem in der Grundlagenforschung, der Medizin und der Veterinärmedizin durchgeführt. Tierversuche können auch erforderlich sein, um Risikofaktoren für die Umwelt zu ermitteln. Auch die Toxizität von Chemikalien wird im Tierversuch untersucht. Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass alle Wirkstoffe in Tierversuchen auf Wirksamkeit und Nebenwirkungen getestet werden. Es gibt also kein Medikament ohne Tierversuche. Darüber hinaus können Tierversuche erforderlich sein, um umweltgefährdende Wirkungen festzustellen. Auch die Toxizität von Chemikalien wird durch Tierversuche überprüft. Zellkulturen, künstliche Gewebe und Organe werden dafür zunehmend eingesetzt, können aber Tests am kompletten Organismus noch nicht ersetzen.

Im Gegensatz dazu ist Tierversuch in Deutschland für die Entwicklung von Kosmetika und Hygieneprodukten, zum Beispiel Waschmitteln, und für die Rüstungsforschung verboten. Auch die Einfuhr solcher Produkte ist verboten, wenn sie an Tieren getestet wurden. Dennoch können Kosmetika Bestandteile enthalten, die im Tierversuch getestet wurden, zum Beispiel wenn ein darin enthaltener Stoff ursprünglich für einen anderen Zweck entwickelt wurde und die Sicherheitsprüfung des Stoffes an Tieren gesetzlich vorgeschrieben war.

Tierversuche in der Grundlagenforschung

Zellen des glatten Muskelgewebes: Menschliche iPS-Zellen, die über einen Faktor (Oct4) aus neuronalen Stammzellen erzeugt wurden, wurden in glatte Muskelzellen differenziert. Die rote Fluoreszenz zeigt einen spezifischen Marker für glatte Muskeln, die Zellkerne sind blau fluoreszierend gefärbt.

© Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin/Kinarm Ko

Zellen der glatten Muskulatur: Humane iPS-Zellen, die aus neuronalen Stammzellen über einen Faktor (Oct4) erzeugt wurden, wurden zu glatten Muskelzellen differenziert. Die rote Fluoreszenz zeigt einen spezifischen Marker für glatte Muskulatur, die Zellkerne sind blau fluoreszierend gefärbt.

© Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin/Kinarm Ko

Wissenschaftler, die im Bereich der biomedizinischen Grundlagenforschung arbeiten, benötigen Tiere, wenn keine alternativen Methoden zur Tierforschung zur Verfügung stehen oder wenn entsprechende Forschung aus ethischen Gründen nicht am Menschen durchgeführt werden kann. Die Max-Planck-Gesellschaft hat sich jedoch verpflichtet, Alternativmethoden zu fördern und deren Entwicklung zu finanzieren. Ihre Wissenschaftler forschen mit Alternativen wie Stammzellkulturen, Computermodellen und bildgebenden Verfahren, zum Beispiel der Magnetresonanztomographie. Trotzdem wird der Einsatz von Versuchstieren in der Grundlagenforschung auf absehbare Zeit unverzichtbar bleiben.

Tierversuchsgegner und Tierschützer kritisieren die tierexperimentelle Forschung und bezweifeln, dass Forschungsergebnisse aus Tierversuchen auf den Menschen übertragen werden können. Sie argumentieren, dass sich Mäuse, Ratten und Affen zu sehr vom Menschen unterscheiden, als dass Daten aus Tiermodellen auf den Menschen übertragen werden könnten. Doch so unterschiedlich die verschiedenen Tiere, die in der Forschung eingesetzt werden, auch sein mögen, sie haben alle eine gemeinsame Evolutionsgeschichte mit dem Menschen. So kommen 95 Prozent der Gene einer Maus in ähnlicher Form auch beim Menschen vor. Selbst Fruchtfliegen haben fast 60 Prozent der menschlichen Gene gemeinsam. Tierversuche können daher wichtige Hinweise darauf geben, ob eine neue Substanz wirksam ist und welche Nebenwirkungen sie haben könnte. Es gibt viele Beispiele für die Übertragbarkeit von Ergebnissen aus Mäuse- oder Affenversuchen auf den Menschen. Da sich aber auch Mäuse und Fruchtfliegen naturgemäß vom Menschen unterscheiden, muss jeder neue Wirkstoff auch in klinischen Studien an einer großen Zahl freiwilliger menschlicher Probanden getestet werden.

Ohne Tierversuche gäbe es also keine Medikamente, die nachweislich wirksam sind. Damit stellt die Tierforschung ein ethisches Dilemma für Wissenschaftler dar: der mögliche Nutzen für den Menschen und der Schaden für das Tier sowie andere Vor- und Nachteile müssen sorgfältig gegeneinander abgewogen werden. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Tierärztinnen und Tierärzte sowie Tierpflegerinnen und Tierpfleger der Max-Planck-Gesellschaft nehmen ihre Verantwortung in Bezug auf die Durchführung von Tierversuchen und die Bereitstellung artgerechter Einrichtungen für Versuchstiere sehr ernst – nicht zuletzt, weil valide Forschungsergebnisse nur von gesunden und stressfreien Tieren gewonnen werden können. Alle Max-Planck-Mitarbeiter, die mit Tieren arbeiten, sind künftig verpflichtet, an einem Seminar zur Tierethik teilzunehmen.

Die Max-Planck-Gesellschaft möchte ihre wissenschaftliche Expertise nutzen, um den Tierschutz an ihren Instituten zu verbessern. Max-Planck-Wissenschaftler werden die kognitiven Fähigkeiten verschiedener Tierarten und Verhaltensäußerungen, die auf Leiden oder Stress hindeuten, untersuchen. Darüber hinaus ist geplant, weitere Forschungen zur Empfindungsfähigkeit und Intelligenz von Tieren durchzuführen. Mit den gewonnenen Erkenntnissen wollen die Forscher die künftige Tierforschung so planen, dass sie die Versuchstiere weniger belastet. Auch die bevorzugten Lebensbedingungen der Tiere sollen stärker berücksichtigt werden. So will die Max-Planck-Gesellschaft zum Beispiel dafür sorgen, dass Versuchstiere unter Bedingungen gehalten werden, die das Sozialleben ihrer Art berücksichtigen.

Definition von Tierforschung

Tierforschung umfasst Eingriffe oder Behandlungen zu Versuchszwecken, die für ein Tier mit Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sein können. Eingriffe in das Genom eines Organismus werden auch dann als Tierforschung eingestuft, wenn sie dem Organismus Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen können. Diese Definition gilt für alle Tierarten, von Würmern und Insekten bis hin zu Säugetieren.

Forschung an Säugetieren muss genehmigt werden, wenn sie das Wohlbefinden des Tieres beeinträchtigen könnte. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft veröffentlicht jährlich eine Statistik über die in Deutschland durchgeführte Tierforschung. Auch die Max-Planck-Gesellschaft veröffentlicht jährlich Daten über die Anzahl der im Vorjahr an ihren Instituten gehaltenen Versuchstiere.

Tiere an Max-Planck-Instituten

Fruchtfliegen ernähren sich natürlich von reifen Früchten. Eine Ernährung, die der Aminosäurezusammensetzung der Insekten entspricht, lässt die Fliegen noch schneller wachsen.

© MPI f. Biologie des Alterns/ Grönke

Von Natur aus ernähren sich Fruchtfliegen von reifen Früchten. Eine Ernährung, die der Aminosäurezusammensetzung der Insekten entspricht, lässt die Fliegen noch schneller wachsen.
© MPI f. Biologie des Alterns/ Grönke

In den Versuchstieranlagen der Max-Planck-Gesellschaft wird eine Vielzahl von Arten gehalten. Zahlenmäßig stellen wirbellose Tiere wie Fliegen und Fadenwürmer die größten Gruppen dar. Bei den Wirbeltieren sind Mäuse die häufigste Art, gefolgt von Fischen und Ratten. Auch „exotischere“ Arten wie Alpakas, Molche und Tintenfische leisten ihren Beitrag zur Wissenschaft.

Neben den Forschern sorgen qualifizierte Tierärzte und Tierpfleger für das Wohlergehen der Labortiere. Die Haltungsbedingungen orientieren sich an den natürlichen Bedürfnissen der Tiere, den wissenschaftlichen Anforderungen und den praktischen Erfordernissen. Damit die aus der Forschung gewonnenen wissenschaftlichen Ergebnisse weltweit vergleichbar sind, basiert die Haltung von Versuchstieren weitgehend auf standardisierten Grundsätzen. Das bedeutet, dass die Bedingungen, unter denen die Tiere an den verschiedenen Max-Planck-Instituten gehalten werden, mehr oder weniger ähnlich sind, sich aber im Detail von Institut zu Institut unterscheiden können.

Die Tierverantwortlichen orientieren sich bei ihrer Arbeit an den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und passen die Haltungsbedingungen entsprechend an, wenn dies technisch machbar ist und den wissenschaftlichen Anforderungen nicht widerspricht. Sie achten auch darauf, dass die gesetzlichen Anforderungen an die Planung und Durchführung der Tierforschung und die Haltung der Tiere eingehalten werden – in manchen Fällen gehen die Haltungsbedingungen über die gesetzlichen Anforderungen hinaus. Im Einzelfall kann es wissenschaftliche Gründe geben, ein Tier nicht unter Bedingungen zu halten, die den gesetzlichen Mindestanforderungen entsprechen. Solche Fälle werden als Tierversuche gewertet und der Wissenschaftler muss eine entsprechende Genehmigung bei den Behörden einholen.

Weißbuch der Max-Planck-Gesellschaft zur Tierforschung

Tierversuche sind für die Grundlagenforschung nach wie vor unerlässlich. Jeder einzelne Wissenschaftler muss sich jedoch der besonderen, ethischen Verantwortung für die beteiligten Tiere bewusst sein.

Forschung

Der Drang, Neues zu entdecken und die Welt zu verstehen, ist so alt wie die Menschheit selbst. Das Streben nach Wissen ist eine moralische Verpflichtung, denn es ermöglicht den Menschen, die Konsequenzen ihres Handelns zu erkennen.

Tiere

Tiere in der Forschung am Max-Planck-Institut

Verantwortung

Die Verwendung von Tieren in der Forschung ist ein ethisches Dilemma.